Bildmontage des Ortsschildes mit Aufschrift Wissenschaftsstadt vor dem Gebäude des Technikums

Neue Räume für den Lehrstuhl für Gießereitechnik

Im September bezog der Lehrstuhl für Gießereitechnik der FAU neue Räumlichkeiten im Technikum in der Uferstadt.

Ein Gespräch mit Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Sebastian Müller über seine Arbeit und den neuen Standort.

Herr Prof. Dr. Müller, zunächst herzlich willkommen in der Kleeblattstadt. Seit kurzem haben Sie die renovierten Räumlichkeiten im Technikum bezogen. Wie ist Ihr erster Eindruck?

Vielen Dank! Mit einem kurzen Wort: Großartig! Der Aufbau der Räumlichkeiten hat zwar durch zahlreiche, involvierte Stellen leider länger gedauert, als eigentlich geplant bzw. gewünscht, dafür kann sich das Ergebnis aber sehen lassen. Wir haben im 5. Obergeschoss hochfunktionale, neue Räumlichkeiten (Büro- sowie Laborarbeitsplätze) erhalten sowie im Erdgeschoss weitere Flächen für größere Maschinen bzw. Anlagen. Wir sind darauf sehr stolz, zumal der Zustand der Räumlichkeiten in der Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen, Forschungspartnern und Studierenden auch ein wichtiger Begleitaspekt ist. Sehr einzigartig war für mich, dass die Räumlichkeiten quasi am Reißbrett nach meinen Vorstellungen entstanden sind. Üblicherweise übernimmt man bestehende Räumlichkeiten eines vorherigen Lehrstuhlinhabers und muss sich damit arrangieren.

Ihr Lehrstuhl forscht am Thema "Gießereitechnik". Hat Ihre Forschung Einfluss auf unseren Alltag?

Gussbauteile sind Teil unseres Alltags, ob im Pkw oder auch bei Werkzeugen und zahlreichen Konsumgütern. Unsere Forschungsdomäne trägt einerseits dazu bei, dass wir leistungsfähigere, also beispielsweise dünnwandigere, leichtere Gussbauteile fertigen können. Das merken Sie, wenn Sie einen Pkw, ein E-Bike oder eine Heckenschere nutzen. Andererseits versuchen wir kontinuierlich, neue Bauteile, beispielsweise für moderne Antennensysteme, mit zu entwickeln, um somit auch neue Produkte für die Gießtechnik zu erschließen. Aber auch vermeintliche „oldschool“-Technologien müssen weiterentwickelt werden. Denken Sie hier mal an eine Bremsscheibe (übrigens ein Gussbauteil!) aus dem Pkw und Lkw-Bereich. Neue, verschärfte Emissionsanforderungen für den Feinstaubausstoß der Bremsen verlangen hier neue Technologien oder Werkstoffe. Hier haben wir gemeinsam mit einer weiteren sehr bekannten Universität Ideen entwickelt, wie wir dazu beitragen können.

Worin bestehen die besonderen Hausforderungen bei dieser Technologie?

Unterschiedliche gießtechnische Verfahren haben alle so ihre ganz eigenen Herausforderungen. Für viele Verfahren gilt aber: Gießtechnische Verfahren erfordern seit jeher durch die erforderliche Energie zum Schmelzen der Materialien viel Energie. Dazu kommen zusätzlich erforderliche Stoffe, die wir für die Vorbereitung der Formen und Bearbeitung der Gussbauteile benötigen. Eine große Herausforderung ist es somit, den Energieeinsatz zu verringern und, ganz allgemein gesprochen, den Prozess sauberer und ergonomischer zu gestalten. 

Weiterhin müssen wir die Leistungsfähigkeit der Produkte verbessern. Wir müssen in einem höheren Maße als bisher bereits in der Produktauslegung Kenntnis über die realisierbaren Materialeigenschaften haben und diese Eigenschaften auch im Gießprozess zuverlässig erreichen. Hier helfen uns einerseits eine moderne Prozesstechnik, anderseits aber auch sehr aufwändige Prozess- und Materialsimulationen. Sicherlich haben Sie mitbekommen, dass durch die Transformation in der Automobilindustrie ein sehr hoher wirtschaftlicher Druck entstanden ist und Unternehmen bei einer angespannten wirtschaftlichen Lage neue, leistungsfähige Produkte entwickeln und zur Marktreife überführen müssen. In einem Land mit hohen Lohn- und Energiekosten kann die Fertigung nur dann hier weiter existieren, wenn es uns gelingt, energieeffizient und hochautomatisiert zu fertigen und gleichzeitig Produkte zu fertigen, die andere Volkswirtschaften in der Qualität und Breite nicht anbieten können.

Am Standort Fürth soll interdisziplinär zwischen Werkstoffwissenschaften, Maschinenbau, Chemie und Physik mit dem Ziel geforscht werden, Ideen aus der Grundlagenforschung bis in das Prototypenstadium weiter zu entwickeln. Wie sieht das in Ihrer Praxis aus?

Ganz konkret haben wir hier in Fürth die Landesforschungseinrichtung “Neue Materialien Fürth GmbH” (NMF), die das Ziel hat, universitäre Forschung in die industrielle Praxis zu überführen. In meiner Rolle als Forschungsbereichsleiter Gießtechnik an der NMF GmbH stelle ich hier genau dieses Bindeglied dar, sodass Ergebnisse aus der Forschung nicht nur in einer Publikation münden sondern Unternehmen auch befähigt werden, diese Ergebnisse weiterzuentwickeln bzw. umzusetzen. Ganz konkret versuchen wir zum Beispiel die Metalldosierung von Leichtmetallen energieeffizienter stattfinden zu lassen. Auch hatte ich erst gestern wieder ein spannendes Gespräch mit einem Kollegen aus den Werkstoffwissenschaften zu möglichen Beschichtungen für Formwerkzeuge. Ein wichtiger Aspekt, um potentiell wirtschaftlicher als bisher Gussprodukte herzustellen. Wir werden nun versuchen, diese Ergebnisse, die mein Kollege in seiner jahrelangen Grundlagenforschung erarbeitet hat, gemeinsam mit einem industriellen Konsortium in der Praxis zu untersuchen und weiterzuentwickeln. Von daher verstehe ich mich ein meiner eigenen Disziplin stets auch als Bindeglied zu anderen Forschungsdisziplinen, beispielsweise den Werkstoffwissenschaften aber auch der Mathematik/ Informatik.

Finden in Fürth auch Lehrveranstaltungen statt?

Ja, es finden zukünftig auch Lehrveranstaltungen statt. Wir nutzen dazu einen Seminarraum, den zukünftig auch eine weitere Kollegin für Vorlesungen und Seminare nutzen wird. Wir haben aktuell stets so zwischen fünf und zehn Studierende für Abschluss- und Projektarbeiten. Wir möchten hier in Zukunft auch gerne noch mehr hier betreuen.

Hatten Sie schon Gelegenheit die Stadt zu erkunden? Fühlen Sie sich wohl in Fürth?

Ja, die Gelegenheit hatte ich schon. Der Weg zu meiner Dienststelle in der Uferstadt führt mit dem Rad durch den Stadtpark und den Wiesengrund. Ich genieße es jeden Morgen und Abend hier etwas Abstand von der Arbeit zu erhalten und in Bewegung zu bleiben. Auch darüber hinaus fühle ich mich sehr wohl hier in Fürth. Die Stadt hat eine schöne Größe mit einem lebhaften Stadtkern.